Wie kommt der Mehrwert ins Auto?
Wofür ist die Kundschaft wirklich bereit zu bezahlen, wenn es um ein neues Elektroauto geht? Welche Services helfen, Vorbehalte zu entkräften und die Entscheidung für die Mobilität der Zukunft zu erleichtern? Porsche Consulting hat es untersucht.
11/2024
„Wenn sich Autofahrer heute für den Wechsel zu einem elektrisch angetriebenen Neuwagen interessieren, dann suchen sie meist nach ‚mehr Wert‘ als bisher“, sagt Christoph Köhler, Manager bei Porsche Consulting und Experte für das Fahrzeuggeschäft. „Echter Mehrwert – das ist Dienst an Kunden, die inzwischen mehr möchten und erwarten als nur reines Autofahren. Leistungen, die den erweiterten Bedarf erfüllen“, so Köhler. Mit seinem interdisziplinären Team hat er den aktuellen Markt analysiert und Mehrwertdienste beschrieben, von denen beide Seiten wirklich profitieren: die Kundschaft genauso wie Hersteller und Anbieter neuer E‑Fahrzeuge.
„Intelligente Mehrwertdienste können als Anreize zur weiteren Verbreitung von Elektrofahrzeugen wirken“, schreibt das „Forschungs-Informations-System“ – eine staatliche Publikation, herausgegeben vom deutschen Bundesministerium für Digitales und Verkehr. Und das Fachmedium „IT-Zoom“ ist überzeugt: „Der Schlüssel zu mehr Elektromobilität ist ein komfortables Nutzungserlebnis.“ Nach Auswertungen der Managementberatung Porsche Consulting kommen Mehrwerte nicht erst beim Fahren, sondern schon bei den ersten Gedanken an Elektrofahrzeuge ins Spiel.
Christoph Köhler: „Wer für seine Kundschaft attraktive Pakete schnürt, kann Bedenken gegenüber der E‑Mobilität zerstreuen. Solche Extras können zum Beispiel Photovoltaik-Systeme für zu Hause, Spezialtarife von Ökostromanbietern oder auch der bevorzugte Zugang zu einem weitreichenden Netz von leistungsstarken Ladestationen sein.“ Der Experte fügt hinzu: „Und natürlich sollte das Gesamtpaket aus Fahrzeug und Nebenleistungen preislich attraktiv sein.“ Es geht also um einen doppelten Mehrwert: sinnvolle Extras aus einer Hand. Und obendrein ein Preisvorteil durch die Paketlösung.
„Alles aus einer Hand“ bedeutet aber auch ein Umdenken für die Marktteilnehmer aus den verschiedenen Disziplinen – wie zum Beispiel Hersteller, Versorger oder Versicherer. „Wer Pakete anbieten möchte, braucht kompetente und leistungsfähige Partnerschaften, und zwar weit über Branchengrenzen hinaus“, so Köhler. Solche Netzwerke und Kooperationen sind noch relativ rar, beobachten die Consultants.
Versicherungen gegen Bedenken
Wer ein Auto nutzt, möchte in aller Regel auch das wirtschaftliche Risiko begrenzen. Und das erst recht, wenn noch wenig persönliche Erfahrungen mit einer neuen Technologie bestehen – wie jetzt bei den Elektroantrieben. Helfen können dabei auch innovative Batterieversicherungen, die beim Ausfall der wertvollen Hochleistungs-Batteriespeicher einspringen. Die Sorge vor finanziellen Überraschungen würden, so Köhler, Wartungspakete nehmen, die reguläre Inspektionskosten zum Pauschalpreis abdecken.
Teile der potenziellen Kundschaft sorgten sich nicht nur um die Wirtschaftlichkeit beim Erwerb und Betrieb des Fahrzeuges, sondern auch um zu hohe Verluste, wenn sie sich eines Tages wieder vom E‑Auto trennen wollen. Die Befürchtung: Die rasante Weiterentwicklung der Elektroantriebe mache Gebrauchtwagen, die nicht mehr auf dem neuesten Stand sind, unattraktiv. „Gerade da braucht es starke Argumente und Überzeugungskraft“, so Köhler. Den Anbietern empfiehlt der Berater, Spezialversicherungen ins Portfolio aufzunehmen: Versicherungen, die zu hohe Wertverluste durch Technologiesprünge ausgleichen und damit den Kunden Sicherheit geben – beim Kauf von Neuwagen genauso wie beim Leasingvertrag und den Vereinbarungen zu den Restwerten. Klar, auch spezielle Zusatzversicherungen schlagen auf den Preis des Gesamtpaketes. „Doch bei einer neuen, vielen noch weitgehend unbekannten Technologie muss Vertrauen erst aufgebaut werden“, sagt der Experte.
Umtausch nicht ausgeschlossen
Eine weitere Variante, die den technologischen Fortschritt berücksichtigt, wäre eine Art Garantie. So könnte sie aussehen: E‑Auto-Kunden können ihr Fahrzeug zu besonders günstigen Konditionen gegen ein Neufahrzeug eintauschen, wenn die technische Entwicklung die Batterie-Reichweite zum Beispiel um mindestens 50 Prozent bei einem vergleichbaren Fahrzeug steigern konnte. „Für Hersteller und Handel erfordert das natürlich ein völlig neues Denken, vor allem im Vertrieb. Gleichzeitig sind es attraktive Instrumente, die – richtig eingesetzt – zu Kundenbindung, Markentreue und Folgegeschäft beitragen können“, sagt Christoph Köhler.
Den Möglichkeiten für potenzielle Mehrwerte sind kaum Grenzen gesetzt. Da moderne Fahrzeuge sich vor allem auch über die Leistungen der eingebauten komplexen Software definieren, gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Wünsche zu bedienen, die während der Autofahrt entstehen – also zum Beispiel das automatisierte Reservieren von Restaurantbesuchen oder Organisieren von Shoppingmöglichkeiten, während das Fahrzeug an der Ladestation steht. Aber auch mobile Wartung könnte digital angefordert werden. Das heißt: Vor allem bei Kleinreparaturen oder Standardwartungen muss das Auto nicht mehr in die Werkstatt gebracht werden, sondern der Techniker fährt zum Auto. Sozusagen bestellt per Knopfdruck.
Ebenso attraktiv erscheinen Lösungen, die das Energie- und Kostensparen zusätzlich fördern. So kann die Batterie des E‑Autos, das am Haus parkt, als Pufferspeicher genutzt werden: Solarstrom aus der Photovoltaik-Anlage füllt die Autobatterie und kann bei Bedarf als Haushaltsstrom zurückfließen. Intelligente Systeme sorgen dafür, dass das Auto trotzdem fahrbereit bleibt. Die Batterie als wertvolles Herzstück elektrischer Fahrzeuge bekäme so einen besonders wirtschaftlichen Zusatznutzen, einen ausrechenbaren Mehrwert.
„Letztlich“, sagt Experte Köhler, „geht es immer darum, was die Kundschaft wirklich braucht und tatsächlich im Alltag nutzt. Vieles muss sich erst noch herauskristallisieren. Und darauf müssen die Anbieter der Elektromobilität vorbereitet sein und entsprechend reagieren. Schnell und vor allem: sehr flexibel.“