Einblick

Brasilien: Starke Unternehmen trotz Krise 

Lateinamerikas Wirtschaft leidet. Doch es gibt positive Beispiele. Von São Paulo aus begleitet Porsche Consulting zwei brasilianische Konzerne, die im Krisenjahr 2020 Umsatzrekorde geschrieben haben – trotz Pandemie. Oder: gerade deswegen.

01/2022

Imposant: Das Bauunternehmen Brasal Incorporações setzt in der brasilianischen Großstadt Uberlândia mit dem innovativen Apartmenthaus „Sense Vertical Living“ neue Wohnmaßstäbe. Brasal Incorporações

Zusammen mit den Beratern von Porsche Consulting konnten wir unser Neugeschäft professionell organisieren.

Sebastião Longuinho de Jesus Sebastião Longuinho de Jesus
Direktor des Brasal-Zweigwerkes in Uberlândia bei Brasal Incorporações 

Das neue Apart­ment­haus leuch­tet hell im Abend­licht von Bra­sí­lia. Das bra­si­lia­ni­sche Bau­un­ter­neh­men Bra­sal Incor­pora­ções hat das Gebäu­de „Reser­va Urba­na“ mit 24 Luxus­apart­ments im Jahr 2020 fer­tig­ge­stellt. Die hoch­wer­ti­gen Woh­nun­gen haben ver­schie­de­ne Grö­ßen, alle sind mit Pan­ora­ma­fens­tern aus­ge­stat­tet – und alle sind ver­kauft und bewohnt. „Die Coro­na-Pan­de­mie hat unser Geschäft beflü­gelt“, so Sebas­tião Longuin­ho de Jesus, ver­ant­wort­lich für das Neu­ge­schäft bei Bra­sal. Inves­to­ren set­zen auch in Bra­si­li­en auf Beton­gold – ins­be­son­de­re in Zei­ten der Pan­de­mie. „Zusam­men mit den Bera­tern von Por­sche Con­sul­ting konn­ten wir unser Neu­ge­schäft pro­fes­sio­nell orga­ni­sie­ren, unse­re Auf­trä­ge erfül­len und uns mit dem neu Erlern­ten wei­ter­ent­wi­ckeln“, resü­miert Longuinho.

Brasal

Das Bauunternehmen Brasal Incorporações gehört der Brasal-Holding an, die seit 55 Jahren in insgesamt fünf verschiedenen Branchensegmenten in Brasilien tätig ist. Das Unternehmen hat seinen Firmensitz in Brasília, der Hauptstadt des Landes und beschäftigt 850 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Bisher hat der Firmenzweig mehr als eine Million Quadratmeter Wohnraum in Brasilien errichtet und im Jahr 2020 einen Umsatz von 98,6 Millionen Euro (110,4 Millionen US-Dollar) verzeichnet. Mit Porsche Consulting hat Brasal drei Beratungsprojekte erfolgreich abgeschlossen. In den ersten zwei Projekten ging es um die Themen Lean Construction, Planung und Logistik. Im dritten Projekt unterstützten die Porsche-Berater den Wandel zu einer High-Performance-Organisation. Ergebnisse: Die Gesamtbaukosten konnten um vier Prozent gesenkt und die Arbeitszeiten um sechs Monate verkürzt werden. Das bedeutet Einsparungen von rund einer Million Euro (1,1 Millionen US-Dollar). Die Projektarbeit hat einen wesentlichen Beitrag dazu geleistet, das Unternehmen widerstandsfähig durch die Pandemie zu führen und fit für die Zukunft zu machen.

Das Bei­spiel Bra­sal steht für die schnel­le wirt­schaft­li­che Erho­lung ein­zel­ner Seg­men­te in Bra­si­li­en. Die fünft­größ­te Nati­on der Erde war wie viele bevöl­ke­rungs­star­ken Län­der zu Beginn des Jah­res 2020 durch die Aus­wir­kun­gen der Coro­na-Pan­de­mie in eine wirt­schaft­li­che und poli­ti­sche Krise gerutscht. Wäh­rend die meis­ten Arbeit­ge­ber in Bra­si­li­en große Umsatz­ein­brü­che ver­zeich­ne­ten, weil sie aus Sicher­heits­grün­den Werke schlie­ßen oder die Pro­duk­ti­on stop­pen muss­ten, mel­de­ten Berei­che wie der Online­han­del und die Bau­wirt­schaft gute Umsatz­zah­len. Laut Ger­ma­ny Trade and Invest, dem Infor­ma­ti­ons­dienst der Bun­des­re­gie­rung Deutsch­land, konn­te bereits ein hal­bes Jahr nach Beginn der Krise auf 80 Pro­zent aller Bau­stel­len wie­der nor­mal gear­bei­tet wer­den. Im Früh­jahr 2020 sind nur 20 Pro­zent in Betrieb gewesen.

Auch das Team von Por­sche Con­sul­ting muss­te sich sofort auf neue Vor­aus­set­zun­gen ein­stel­len: Bera­ter sind tra­di­tio­nell vor Ort und sel­ten im Büro. Sie brau­chen die Nähe zu ihren Kli­en­ten. „Wir sind gern dort, wo unse­re Kun­den arbei­ten, spre­chen am liebs­ten face to face. Doch das ging lei­der nur sel­ten“, erklärt Rüdi­ger Leutz, Geschäfts­füh­rer von Por­sche Con­sul­ting in Bra­si­li­en, das Dilem­ma, in dem er und sein 40-köp­fi­ges Team sich wäh­rend der Pan­de­mie lange Zeit befan­den. Viele Betrie­be muss­ten die Pro­duk­ti­on ein­stel­len, Mit­ar­bei­ten­de – auch die von Por­sche Con­sul­ting – arbei­te­ten im Home­of­fice. Das beflü­gel­te zwar Online-Lie­fer­diens­te wie iFood und Rappi, die Lebens­mit­tel schnell brin­gen konn­ten, aber der Lock­down, der die Men­schen für sechs bis sie­ben Mona­te in die eige­nen vier Wände sperr­te, ver­ur­sach­te in den meis­ten Bran­chen dra­ma­ti­sche Umsatzeinbußen.

Großzügige Ausblicke: Das Bauprojekt „Reserva Brasília“ gehört zu den Luxuswohnhäusern, die der Konzern Brasal im Jahr 2020 auf ein solides wirtschaftliches Fundament gestellt hat.  Brasal Incorporações

Doch das Land auf der Süd­halb­ku­gel hat Erfah­rung mit Kri­sen. Der in Süd­deutsch­land gebo­re­ne Leutz lobt die bra­si­lia­ni­sche Lebens­ein­stel­lung: „Nicht den Kopf in den Sand ste­cken, son­dern an einem Strang zie­hen“, das sei in Bra­sí­lia, Rio de Janei­ro, São Paulo, ja im gan­zen Land die Devi­se. So konn­te er mit neuen Stra­te­gien auf die Pan­de­mie reagie­ren: Wäh­rend es frü­her bei den Kun­den um Kos­ten­re­du­zie­rung und Effi­zi­enz­stei­ge­rung ging, stand 2020 eine ande­re Stra­te­gie im Vor­der­grund. Und zwar ad hoc: „Wie navi­gie­ren wir gemein­sam mit unse­ren Kli­en­ten ihre Unter­neh­men durch den Sturm?“ Der Cash­flow wurde unter die Lupe genom­men und die Mit­ar­bei­ten­den eng ein­ge­bun­den. Es wurde auf eine klare und direk­te Kom­mu­ni­ka­ti­on gesetzt. Geschafft haben Leutz und seine Leute das mit einem hybri­den Bera­tungs­mo­dell. Zuerst wur­den sicher­heits­hal­ber alle Work­shops und Mee­tings remo­te abge­hal­ten. Ende 2020 ging man dazu über, eini­ge Kli­en­ten­ge­sprä­che und Work­shops mit Auf­la­gen regel­mä­ßig vor Ort abzu­hal­ten. „Das gehört zum Por­sche-Spi­rit“, erklärt Leutz. „Das hat auch etwas mit sport­li­cher Ein­stel­lung zu tun. Wir arbei­ten am bes­ten eng mit unse­ren Kli­en­ten zusam­men und sind keine Theo­rie-Bera­ter. Wir wol­len die Mit­ar­bei­ten­den ver­ste­hen und Ver­trau­en bil­den. Das schät­zen unse­re Auf­trag­ge­ber.“ Die Stra­te­gie ging auf: Die betei­lig­ten Teams beim Kun­den koope­rier­ten sogar effek­ti­ver und waren noch schnel­ler als vor der Pandemie.

Die Por­sche-Bera­ter in Bra­si­li­en haben ihre aktu­el­len Erfah­run­gen gleich genutzt, um ein neues Busi­ness­mo­dell zu ent­wi­ckeln, spe­zi­ell zuge­schnit­ten auf den latein­ame­ri­ka­ni­schen Markt: Alle Pro­jek­te müs­sen sich für den Kli­en­ten in Geld­wert rech­nen. Mit einer soge­nann­ten Suc­cess Fee wer­den die Kos­ten für die Stra­te­gie­be­ra­tung an den Erfolg gekop­pelt. Oder anders gesagt: an mess­ba­re Resul­ta­te. Das hilft den Bera­tern jetzt auch bei Gesprä­chen mit neuen Kli­en­ten, die Por­sche Con­sul­ting nun mit wenig finan­zi­el­ler Belas­tung beauf­tra­gen kön­nen. Neben einer Auf­wands­ent­schä­di­gung müs­sen sie nur bei Erfolg eine Rech­nung bezah­len. Dass die Resul­ta­te am Ende stim­men, davon aller­dings ist Rüdi­ger Leutz „fest über­zeugt“. „Sonst“, sagt er, „wür­den wir sol­che Offer­ten nie­mals wagen.“

Das Projekt hat nicht nur die Erwartungen übertroffen, Porsche Consulting hat auch unsere Arbeitsweise verändert.

Marlos Santana de Almeida Marlos Santana de Almeida 
Manager und Industrieingenieur bei Brametal

Sze­nen­wech­sel zu einem wei­te­ren Kli­en­ten von Por­sche Con­sul­ting in Bra­si­li­en: Mar­los San­ta­na de Almei­da, Mana­ger und Indus­trie­in­ge­nieur bei Bra­me­tal in Lin­ha­res, hat guten Grund, opti­mis­tisch in die Zukunft zu schau­en. Mit 200.000 Ton­nen pro­du­zier­ten Stahl­kon­struk­tio­nen, unter ande­rem für Hoch­span­nungs­mas­ten von Über­land­lei­tun­gen, ver­zeich­net sein Unter­neh­men im Kri­sen­jahr 2020 die bes­ten Zah­len seit Fir­men­grün­dung 1975. Auch er hat gemein­sam mit den Por­sche-Bera­tern zwei wich­ti­ge Pro­jek­te erfolg­reich gestemmt. So wurde ein „Sales & Ope­ra­ti­ons Planning“-Programm (S&OP) ein­ge­führt, um die Berei­che Ver­trieb, Ein­kauf und Pro­duk­ti­ons­pla­nung zu syn­chro­ni­sie­ren. Das Ergeb­nis: Die Genau­ig­keit der Pla­nung konn­te um 21 Pro­zent­punk­te erhöht wer­den, die Roh­ma­te­ri­al­be­stän­de wur­den um 25 Pro­zent und die Pro­duk­ti­on um 9,3 Pro­zent gestei­gert. „Wir arbei­ten jetzt viel struk­tu­rier­ter, ziel­ori­en­tier­ter“, so Mar­los San­ta­na de Almei­da. Und: „Das Pro­jekt hat nicht nur die Erwar­tun­gen über­trof­fen, Por­sche Con­sul­ting hat auch unse­re Arbeits­wei­se ver­än­dert, indem es seine Kul­tur und Dis­zi­plin mit­ge­bracht hat.“

Erfolgreich in schwindelerregender Höhe: Brametal kann in Linhares 80 Meter hohe Hochspannungsmasten testen. Das ist weltweit an nur vier Orten möglich.  Brametal

Brametal

Der Stahlproduzent Brametal erwirtschaftete 2019 mit 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern 106,5 Millionen Euro (119,3 Millionen US-Dollar). Das Unternehmen ist der größte Hersteller von Metallkonstruktionen in ganz Amerika. Seine Produktpalette umfasst Stahlgittertürme und Stahlmasten für Hochspannungsleitungen und Telekommunikationsanlagen sowie neuerdings auch fest aufgeständerte und selbstausrichtende Montagesysteme für Freiflächen-Solaranlagen. Mit über 46 Jahren erfolgreicher Tätigkeit und einer jährlichen Produktionskapazität von durchschnittlich 200.000 Tonnen gehört Brametal zu den bedeutendsten Stahlriesen der Welt. Seine Produktionsstätten befinden sich im Bundesstaat Espírito Santo (nördlich von Rio de Janeiro) in der Stadt Linhares und – weiter südlich – in Criciúma im Bundesstaat Catarina.
Herzstück und Wachstumsgarant: Der Stahlproduzent Brametal nutzt in seinem größten Werk in Linhares die Kraft der Sonne, das eigene Solarkraftwerk deckt ein Viertel des Energiebedarfs. Brametal

Beide Unter­neh­men konn­ten trotz Pan­de­mie Wachs­tum gene­rie­ren. Luiz Gar­cia, Part­ner bei Por­sche Con­sul­ting, der sowohl Bra­sal als auch Bra­me­tal betreut, hat dabei stets auf den typi­schen Por­sche-Spi­rit gesetzt. „Wir koope­rie­ren immer eng mit den Men­schen vor Ort, schau­en, wie sie arbei­ten. So kön­nen wir ihnen am bes­ten neue Wege auf­zei­gen und sie über­zeu­gen.“ Das hat sich trotz Pan­de­mie und mit teil­wei­se stren­gen Hygie­ne­re­geln in bei­den Fäl­len als Erfolgs­re­zept erwiesen.

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