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Schnelles Geld – der Run auf die Banken

Welche Unternehmen werden die Corona-Pandemie überstehen, welche verschwinden? Banken spielen bei dieser Frage eine entscheidende Rolle. Wie die DZ Bank ihren Kunden schnell unter die Arme griff.

09/2020

Formen, Farben, Licht – das Innere des DZ Bank-Hauses von Architekt Frank O. Gehry in Berlin gleicht einem Kunstwerk.DZ Bank

Wie beim Domi­no­ef­fekt hat die Coro­na-Pan­de­mie eine Volks­wirt­schaft nach der ande­ren in den Kri­sen­mo­dus getrie­ben. Exper­ten von Regie­run­gen, Wirt­schafts­in­sti­tu­ten und Ban­ken ver­kün­den fast täg­lich neue Erkennt­nis­se und Fak­ten zur Kon­junk­tur­la­ge. Ver­glei­che zur glo­ba­len Finanz­kri­se nach der Leh­man-Brot­hers-Plei­te im Jahr 2008 machen die Runde. Damals gin­gen die Schock­wel­len vom inter­na­tio­na­len Ban­ken­sek­tor aus und grif­fen auf die Real­wirt­schaft über, heute ist es umge­kehrt: Welt­wei­te Betriebs­schlie­ßun­gen, ver­wais­te Con­tai­ner­hä­fen, abge­sag­te Leit­mes­sen, ein bei­na­he zum Erlie­gen gekom­me­ner Flug­ver­kehr und Kon­takt­be­schrän­kun­gen oder Aus­gangs­sper­ren für fast eine Mil­li­ar­de Men­schen haben einen glo­ba­len Kon­sum­schock und eine Export­kri­se aus­ge­löst. Die Finanz­märk­te sind in hef­ti­ge Tur­bu­len­zen gera­ten und der Ölpreis ist ins Boden­lo­se gestürzt. Und ein wei­te­rer Unter­schied lässt den Ver­gleich hin­ken: Die Welt­wirt­schaft wird dop­pelt so stark ein­bre­chen wie damals. Der Inter­na­tio­na­le Wäh­rungs­fonds (IWF) rech­net mit der schwers­ten glo­ba­len Rezes­si­on seit fast hun­dert Jahren.

Run auf die Banken

Als im März 2020 viele Betrie­be die Aus­wir­kun­gen der Pan­de­mie bereits durch Nach­fra­ge­ein­brü­che und Lie­fer­eng­päs­se zu spü­ren beka­men, erleb­ten die Ban­ken einen Run auf ihre Dienst­leis­tun­gen. „In den letz­ten Jah­ren war der Liqui­di­täts­be­darf weit­ge­hend sta­bil. Jetzt müs­sen Finanz­in­sti­tu­te in kur­zer Zeit einen sprung­haf­ten Anstieg abfe­dern“, so Dr. Ste­phen Hell­ham­mer, Part­ner bei Por­sche Con­sul­ting. Nun seien die Ban­ken am Zug, mit Kre­di­ten die Wirt­schaft wie­der­zu­be­le­ben. Ange­sichts der Dyna­mik der Pan­de­mie keine leich­te Auf­ga­be: „Wir müs­sen natür­lich das Risi­ko für unser Insti­tut gering hal­ten, ver­su­chen aber gleich­zei­tig, unse­ren Kun­den größt­mög­li­che Unter­stüt­zung zukom­men zu las­sen“, sagt Ste­phan Ortolf, Bereichs­lei­ter des Fir­men­kun­den­ge­schäfts der DZ Bank in Frank­furt am Main. Dabei ist klar: Nicht jeder Betrieb wird die Krise über­ste­hen. „Ent­schei­dend ist, ob das Unter­neh­men schon vor der Pan­de­mie ange­schla­gen war und ob das Geschäfts­mo­dell auch in Zukunft noch trägt“, so Ortolf. Er kennt die Situa­ti­on vie­ler Geschäfts­in­ha­ber und Vor­stän­de in die­sen Zei­ten genau: „Unse­re Kun­den sind mehr­heit­lich sta­bil und kön­nen auch eine län­ge­re Durst­stre­cke durch­hal­ten. Den­noch sind sie besorgt. Kei­ner weiß natür­lich, wie lange die Krise anhal­ten wird.“

Stephan Ortolf, Bereichsleiter des Firmenkundengeschäfts der DZ Bank in Frankfurt DZ Bank

Fast alle 250 Fir­men­kun­den­be­treu­er der DZ Bank bera­ten ihre Kun­den – große Mit­tel­ständ­ler und mul­ti­na­tio­na­le Kon­zer­ne – in sämt­li­chen Finanz­fra­gen seit März vom Home­of­fice aus. „Unse­re Kun­den­be­ra­ter und Kre­dit­ana­lys­ten arbei­ten der­zeit am Limit“, so Ortolf. Inner­halb weni­ger Wochen gin­gen fast 40.000 Anfra­gen per E‑Mail und Tele­fon bei der Bank ein. „Der durch Coro­na ent­stan­de­ne Mehr­be­darf an Liqui­di­tät lag Anfang Mai 2020 bei 4,5 Mil­li­ar­den Euro“, so Ortolf. Drei Mil­li­ar­den sind aus staat­li­chen För­der­pro­gram­men vor­ge­se­hen. Wei­te­re 1,5 Mil­li­ar­den Euro sind aus Mit­teln der DZ Bank für Kun­den über neue Dar­le­hen, Kon­sor­ti­al­kre­di­te und erwei­ter­te Kre­dit­li­ni­en in Umset­zung. „Am Ende kann das Volu­men aber auch deut­lich höher aus­fal­len“, sagt Ortolf.

„Die DZ Bank war für den Ansturm gut auf­ge­stellt“, so Por­sche-Bera­ter Hell­ham­mer, der das Insti­tut seit Jah­ren beglei­tet. „Den Zusatz­auf­wand schnell zu stem­men, ist eine enor­me Leis­tung, die den Mit­ar­bei­tern viel abver­langt – ins­be­son­de­re, weil sie gleich­zei­tig ihre Arbeit aus dem Büro ins Home­of­fice ver­la­gern muss­ten. Das ist nur mit digi­ta­ler Tech­no­lo­gie, gepaart mit einer fle­xi­blen und moti­vier­ten Mann­schaft zu schaf­fen.“ Neben der Durch­lei­tung von staat­li­chen Hilfs­kre­di­ten der För­der­bank KfW seien laut Ortolf auch spe­zi­el­le Finanz­pro­duk­te wie Fac­to­ring und For­fai­tie­run­gen unter Ein­satz des For­de­rungs­be­stands sowie Schuld­schein­dar­le­hen und ins­be­son­de­re die Aus­ga­be von Anlei­hen gefragt. Auch Green Bonds seien nach wie vor gefragt. „Gro­ßen Bedarf hat vor allem der Mit­tel­stand, der hier in Deutsch­land über­wie­gend eigen- und [Bank-]kreditfinanziert ist. Feh­len­de Umsät­ze und dro­hen­de Zah­lungs­aus­fäl­le las­sen auf Dauer eine Finan­zie­rungs­lü­cke ent­ste­hen. Große Kon­zer­ne dage­gen sind finan­zi­ell diver­si­fi­zier­ter auf­ge­stellt und haben einen bes­se­ren Zugang zum Kapi­tal­markt. Zudem pro­fi­tie­ren sie von den Erfah­run­gen ihrer asia­ti­schen Stand­or­te mit dem Coronavirus.“

Auf einen Blick

Die DZ Bank Gruppe

… ist mit einer Bilanzsumme von rund 560 Milliarden Euro die zweitgrößte Bankengruppe in Deutschland. Die DZ Bank ist das Spitzeninstitut der Genossenschaftlichen FinanzGruppe Volksbanken Raiffeisenbanken und fungiert als Zentralbank für die rund 850 Genossenschaftsbanken, denen sie mehrheitlich gehört.

Aufsicht erhöht Spielraum

Ste­phan Ortolf tele­fo­niert täg­lich mit sei­nen Kun­den oder hält Video­kon­fe­ren­zen. Schnel­lig­keit ist gefragt. „Wir stre­ben für jeden Kun­den nach der best­mög­li­chen Lösung und gehen auch Risi­ken ein – dies aber sehr bewusst. Schließ­lich schaf­fen wir es nur gemein­sam aus die­ser Krise“, sagt er. Dabei pro­fi­tie­ren die DZ Bank und ande­re Kre­dit­in­sti­tu­te davon, dass die deut­sche Finanz­auf­sicht BaFin und die Euro­päi­sche Zen­tral­bank (EZB) vor­über­ge­hend bestimm­te Auf­la­gen zum Eigen­ka­pi­tal und der Kre­dit­ver­ga­be gelo­ckert haben. Exper­ten schät­zen die damit zusätz­lich geschaf­fe­nen Kre­dit­vo­lu­mi­na auf einen ein­stel­li­gen Billionenbetrag.

Nicht jedem Antrag wird statt­ge­ge­ben. Es gibt auch Unter­neh­men, die durch das Ras­ter fal­len. Bei der Bewer­tung kom­men eini­ge Fak­to­ren zusam­men: Boni­tät und Eigen­ka­pi­tal, Höhe des Kre­dit­vo­lu­mens, Ratings, Bran­chen­aus­sich­ten. „Unse­re Kre­dit­po­li­tik hat natür­lich ver­bind­li­che Leit­plan­ken. Durch die Anpas­sun­gen haben wir aktu­ell aber mehr Spiel­raum hin­sicht­lich der Kre­dit­wür­dig­keit“, sagt Ortolf und fügt hinzu: „Ein Unter­neh­men, das vor der Krise intakt war, dem jetzt aber die Ein­nah­men weg­bre­chen, oder das Raten stun­den muss, wird nicht gleich auf Rot gestellt. Es wird viel­mehr indi­vi­du­ell beur­teilt, wie die Zukunfts­aus­sich­ten ‚post Coro­na‘ aus­se­hen – soweit möglich.“

Das Projekt mit Porsche Consulting

Digital gewappnet

Neben einer Balance aus Solidarität, Empathie und gesundem Risikomanagement ist bei der DZ Bank Reaktionsfähigkeit gefragt. Um den Ansturm in der Coronakrise noch besser zu meistern, wurde innerhalb weniger Wochen mit Unterstützung von Porsche Consulting eine virtuelle Umgebung eingerichtet, die für die Kundenbetreuer im Homeoffice alle Informationen und wichtigen Anwendungen bündelt. Eine e-Signatur ist in Planung, die die Arbeit ohne Medienbrüche beschleunigt. Das Institut profitiert auch von zahlreichen Digitalisierungsinitiativen der Vergangenheit. Schon vor der Krise hatte die DZ Bank gemeinsam mit der Managementberatung eine digitale Kreditakte eingeführt. Zudem wird aktuell ein Regelprozess für das Firmenkundengeschäft etabliert, um alle Abläufe kontinuierlich zu evaluieren und Verbesserungen abzuleiten.

Innovation als Rettungsanker

Wie stark die Aus­wir­kun­gen und Fol­gen der Pan­de­mie für die glo­ba­le Wirt­schaft letzt­end­lich sein wer­den, hänge vor allem von der Dauer der Virus-Ein­däm­mungs­maß­nah­men und dem schritt­wei­sen Hoch­fah­ren des gesell­schaft­li­chen und wirt­schaft­li­chen All­tags ab, sagt Ste­phan Ortolf. Er bleibt aber zuver­sicht­lich: „Ich bin davon über­zeugt, dass die Inno­va­ti­ons­kraft der deut­schen Unter­neh­men die Krise über­dau­ert. Zudem erle­ben wir momen­tan die digi­ta­le Trans­for­ma­ti­on im High­speed-Modus. Die­ser Schub wird für uns alle neue Ideen und Geschäfts­mo­del­le hervorbringen.“

Umfrage

Mittelstand in Sorge

Wie die Lage beim deutschen Mittelstand aussieht, wollte die DZ Bank genauer wissen und hat im April 2020 dazu mehr als 1.000 Unternehmen befragt. Jeder fünfte Betrieb beantragte demnach schon Staatshilfen. Mehr als die Hälfte schickte die Belegschaft in Kurzarbeit, acht Prozent bauten zu dem Zeitpunkt der Umfrage bereits Stellen ab oder planen, dies zu tun. Dagegen versuchten über 60 Prozent der Firmen, mit Betriebsurlaub dem Abbau von Überstunden betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden. Zwölf Prozent gaben an, dass sie ihr Geschäftsmodell während des Shutdowns neu ausgerichtet haben. Hierzu zählen vorrangig kleine Unternehmen mit einem Jahresumsatz von weniger als fünf Millionen Euro. Insgesamt schauen die Betriebe angesichts der Rezession deutlich pessimistischer nach vorn. Hatten vor der Coronakrise noch drei Viertel der Unternehmen ihre Geschäftslage als „gut“ oder „sehr gut“ bezeichnet, ist es mittlerweile nur noch die Hälfte. Besonders betroffen sind Unternehmen aus der Metall-, Maschinenbau- und Automobilindustrie sowie dem Dienstleistungsgewerbe wie Messebau oder dem Gaststätten- und Tourismusgewerbe. Dagegen beurteilen Baugewerbe, Chemie-, Pharma- sowie Kunststoffindustrie und Agrarwirtschaft die Situation wesentlich zuversichtlicher. Sie blieben von den negativen Entwicklungen weitestgehend verschont oder erleben wie die Lebensmittelindustrie und Digitalwirtschaft sogar eine Sonderkonjunktur.
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