Mobilität

Schneller Wechsel
im Auto-Abo

Die Autoindustrie erfindet sich neu. Muss sie auch. Und das nicht nur beim Antrieb. Kunden wünschen Unabhängigkeit, mehr Flexibilität und weniger Kapitalbindung. Die Anbieter reagieren.

12/2022

Heute Minivan, morgen Sportwagen? Auf jüngere Zielgruppen – ob Singles, Paare oder Familien – zielt das Angebot ab, Autos auf Zeit zu abonnieren, statt zu besitzen.Porsche Consulting/Thomas Kuhlenbeck

Men­schen wol­len mobil sein. Die Erfin­dung des Dampf­schif­fes vor 300 Jah­ren war ein Mei­len­stein. Es folg­ten im Jahr 1825 die erste Eisen­bahn, dann das Flug­zeug und das Auto. In der zwei­ten Hälf­te des 20. Jahr­hun­derts ent­wi­ckel­ten viele Leute den Wunsch, einen eige­nen Per­so­nen­wa­gen zu besit­zen. Das Auto vor der Haus­tür wurde schnell zum Sta­tus­sym­bol. Durch gesell­schaft­li­che The­men wie Nach­hal­tig­keit und Kli­ma­schutz sowie die Ent­wick­lung zur soge­nann­ten Sha­ring Eco­no­my – dem befris­te­ten Aus­lei­hen oder gemein­sa­men Nut­zen zum Bei­spiel von Fahr­zeu­gen – ist in den ver­gan­ge­nen Jah­ren die Zahl der Men­schen schnell gewach­sen, die ver­än­der­te Ansprü­che an die Auto­mo­bi­li­tät stel­len. Die Nach­fra­ge ver­än­dert die Ange­bo­te. Eines der neuen Pro­duk­te: das Auto-Abo.

Abon­ne­ment-Ver­trä­ge für den Bezug von Zeit­schrif­ten, für TV- und Musik-Strea­ming­diens­te sind Klas­si­ker. Aber funk­tio­niert das auch bei Autos? Die ers­ten Anbie­ter von Fahr­zeu­gen zu Flat­rate-Tari­fen roll­ten 2017 auf den Markt. Anfäng­lich waren es vor allem unab­hän­gi­ge Start-ups. Dann folg­ten Volvo, Jagu­ar Land Rover und eine Hand­voll wei­te­rer Her­stel­ler. In der Regel über­neh­men in den Haupt­quar­tie­ren der Her­stel­ler die haus­ei­ge­nen Finan­cial-Ser­vices-Orga­ni­sa­tio­nen die ope­ra­ti­ve Ver­ant­wor­tung. Sie sind sozu­sa­gen die Auto­ban­ken, die sich tra­di­tio­nell um Finan­zie­run­gen und Lea­sing von Fahr­zeu­gen kümmern.

Auch die klas­si­schen Auto­ver­mie­ter wie Europ­car, Hertz und Sixt sind auf den Zug auf­ge­sprun­gen. Der hat Fahrt auf­ge­nom­men. Im Abo ange­bo­ten wer­den Klein­wa­gen wie Opel Corsa, Mit­tel- und Ober­klas­se-Limou­si­nen wie der Volks­wa­gen Pas­sat oder der Audi A4. Aber auch Sport­wa­gen wie der Por­sche 911. Die Nach­fra­ge nach Abon­ne­ments für Autos steigt rasant. Im Jahr 2021 lag die Zahl der abge­schlos­se­nen Ver­trä­ge in Deutsch­land nach Ein­schät­zung von Por­sche Con­sul­ting bereits bei über 50.000. Das Prin­zip: Kun­den zah­len einen pau­scha­len monat­li­chen Bei­trag für die Nut­zung des Fahr­zeugs wäh­rend der Ver­trags­lauf­zeit. Alle Kos­ten sind in der Monats­ra­te inbe­grif­fen: War­tung, Ver­schleiß, Haupt­un­ter­su­chung, Ver­si­che­rung, Kraft­fahr­zeug­steu­ern. Der Abon­nent als Kunde muss ledig­lich den Kraft­stoff zah­len – oder beim E‑Auto den Strom –, die Auto­wä­sche und das Nach­fül­len von Betriebsmitteln.

Dr. Marc Rieß, Geschäftsführer und Chief Operating Officer bei Porsche Financial Services, setzt auf eine enge Einbindung der Porsche Handelsorganisation bei den Porsche Drive Produkten.Porsche Consulting/Jörg Eberl

Was unter­schei­det das Auto-Abo vom Auto-Lea­sing? Zunächst die Ver­trags­lauf­zeit. Sie ist kür­zer. Wäh­rend man sich beim Lea­sing für min­des­tens zwölf Mona­te ver­pflich­ten muss, locken eini­ge Auto-Abo-Anbie­ter Kun­den mit einer nur ein­mo­na­ti­gen Lauf­zeit. Auch sechs- oder neun­mo­na­ti­ge Ver­trags­zei­ten sind mög­lich. Die Kos­ten pro Monat fürs Fahr­zeug lie­gen je nach Marke und Modell zwi­schen weni­gen hun­dert Euro und über 3.000 Euro. Bei der über­wie­gen­den Mehr­zahl der zur Ver­fü­gung ste­hen­den Fahr­zeu­ge ist die Aus­stat­tung bereits kon­fi­gu­riert. Ände­run­gen sind meist nicht mehr mög­lich. Die Ver­trags­be­din­gun­gen und Details wie Anmel­de­ge­bühr, Min­dest­al­ter (je nach Anbie­ter zwi­schen 18 und 25 Jah­ren), Anzahl der im Ver­trag ein­ge­tra­ge­nen wei­te­ren Fahr­be­rech­tig­ten, Lie­fer­frist oder Kilo­me­ter­pau­scha­le ähneln denen für Lang­zeit­miet­wa­gen. Fährt ein Abon­nent oder eine Abon­nen­tin mehr Kilo­me­ter als ver­ein­bart, so müs­sen diese in der Regel am Ende auch extra bezahlt wer­den. Wie beim Lea­sing ent­steht für Nut­zen­de kein Eigen­tums­recht am Fahrzeug.

Wie aber pro­fi­tie­ren die Unter­neh­men von dem neuen Geschäfts­mo­dell? Der Mehr­zahl der Abo-Anbie­ter geht es auf die­sem neuen Markt eher um mit­tel- und lang­fris­ti­ge Ziele. Viele Anbie­ter inves­tie­ren der­zeit in diese neuen Geschäfts­mo­del­le, um her­aus­zu­fin­den, wie hoch das Poten­zi­al ist. Eine Stu­die des Markt­for­schungs­in­sti­tuts Puls aus dem Jahr 2020 zeigt, dass das größ­te Inter­es­se in der Alters­grup­pe der 30- bis 50-jäh­ri­gen Frau­en und Män­ner besteht, in der fast 40 Pro­zent der Befrag­ten Auto-Abo-Ange­bo­te „sehr inter­es­sant“ fin­den. Auch als Test­markt für Pro­duk­te der Elek­tro­mo­bi­li­tät eig­net sich das Auto-Abo, weil so man­cher Inter­es­sier­te über die­sen Weg aus­pro­biert, ob ein E‑Fahrzeug im All­tag für ihn sinn­voll ist. Volu­men­her­stel­ler, die jähr­lich Mil­lio­nen Fahr­zeu­ge pro­du­zie­ren, nut­zen das Auto-Abo zudem, um dem einen oder ande­ren Modell aus der Modell­pa­let­te etwas zusätz­li­chen „Schub“ zu geben. Auch Lea­sing- und Car­sha­ring-Rück­läu­fer las­sen sich über Abon­ne­ments ein wei­te­res Mal vermarkten.

Bereits 2020 star­te­te Por­sche Finan­cial Ser­vices (PFS) das erste Auto-Abo-Modell für die Dach­mar­ke Por­sche. Neben der Anspra­che wei­te­rer Ziel­grup­pen stand für PFS auch der Auf­bau eines nach­hal­ti­gen und wirt­schaft­li­chen Geschäfts­mo­dells als wei­te­re Stüt­ze für das Kern­ge­schäft im Fokus. Mit Por­sche Drive Abo sol­len Por­sche-Kun­den und Kun­den in spe die Mög­lich­keit haben, „fle­xi­bel auf sich ändern­de Lebens­si­tua­tio­nen zu reagie­ren und dabei den Fahr­spaß mit einem Por­sche zu genie­ßen“, sagt Chris­toph Köh­ler, Seni­or Con­sul­tant im Bereich Mobi­li­ty Ser­vices bei der Manage­ment­be­ra­tung Por­sche Con­sul­ting. Mit sei­nen Kol­le­gen hat er die Auto­fi­nanz­ex­per­ten in der Toch­ter­ge­sell­schaft PFS des Sport­wa­gen­her­stel­lers beim Abo unterstützt.

Interview mit Marc Rieß

Träume erfüllen auf Zeit


Dr. Marc Rieß ist Geschäftsführer und Chief Operating Officer der Porsche Financial Services GmbH – einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft des Sportwagenherstellers Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG. Im Gespräch mit dem Porsche Consulting Magazin beschreibt Rieß, was das Besondere bei Porsche Drive Abo ist.
„So mancher wird möglicherweise zunächst ein Abo nutzen, später einen Porsche leasen und dann kaufen“, sagt Marc Rieß.Porsche Consulting/Jörg Eberl
Porsche Financial Services ist im August 2020 mit Porsche Drive Abo gestartet. Wie ist dieses neue Angebot seitdem angenommen worden?  Sehr gut. Wir haben mit kleinen Schritten begonnen. Dazu gehörten beispielsweise die Einführung neuer Prozesse und umfangreiche Händlerschulungen. Die Betreiber der Porsche Zentren spielen als unsere Partner und Garanten für Qualität auch für Drive Abo eine besonders wichtige Rolle. Wir haben schon viele Kunden gewonnen. Für 2023 und die Folgejahre hoffen wir auf deutliche Steigerungen. Die größte Nachfrage für das Programm besteht aktuell bei den Baureihen 911 und Taycan. Was unterscheidet Porsche Drive von anderen Auto-Abo-Modellen? Über die Online-Plattform „Porsche Finder“ können sich Interessierte und Kunden ihr Wunschfahrzeug aus einer Vielzahl von sofort verfügbaren Modellen aus unserem Bestand aussuchen, reservieren und das Fahrzeug über ihr lokales Porsche Zentrum abonnieren. Zu einem monatlichen Paketpreis ermöglichen wir die Nutzung des Fahrzeugs in vielen Ländern Europas, auch durch einen Zweitfahrer. Abgedeckt sind alle Kosten des Unterhalts sowie zum Beispiel auch für unseren Mobilitätsservice, die Porsche Assistance. Die hilft bei einer Panne oder einem Unfall. Außerdem ist beim Porsche Drive Abo das Connect-Paket „Navigation & Infotainment“ inklusive. Nur die Kosten für das Tanken oder Laden fallen zusätzlich zum Paketpreis an. Der Händler vor Ort ist vollständig eingebunden. Er berät und steht neben Porsche Financial Services über die gesamte Laufzeit als kompetenter Ansprechpartner zur Verfügung. Der einfache und flexible Zugang zu unseren Porsche Fahrzeugen ohne langfristige Laufzeiten steht auch mit unserem neuen Produkt „Porsche Drive Flex“ zur Verfügung. Im Rahmen eines Pilotprojektes bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, zu einem monatlichen Paketpreis und mit einer Mindestlaufzeit von drei Kalendermonaten ihr Porsche Modell täglich mit einer Vorlaufzeit von jeweils zwei Werktagen zu wechseln. Welche Ziele verfolgt Porsche mit seinem Auto-Abo-Angebot? Marktstudien haben gezeigt, dass dieses Segment ein großes Potenzial hat. Daher möchten wir in diesem zukunftsträchtigen Geschäftsfeld nicht an der Seitenlinie stehen, sondern uns mit unseren Stärken einbringen und zusätzliche Mehrwerte für unsere Kunden schaffen. Unser Ansatz ist es, mit Porsche Drive Abo und Porsche Drive Flex eine neue und jüngere Kundengeneration an die Marke Porsche heranzuführen. Wie lautet Ihre Prognose für den jungen Markt der Auto-Abos? Die Entwicklung ist seit 2018 sehr dynamisch. Wir erwarten nicht nur in Deutschland signifikante Wachstumsraten. Auch in den USA und in China sehen wir Potenzial. Mit unseren Angeboten sind wir bestens aufgestellt, um auch dort unseren Kunden einen Mehrwert zu bieten.

Por­sche setzt auf eine Min­dest­lauf­zeit von sechs Mona­ten, die Kün­di­gungs­frist beträgt drei Mona­te. Die Kos­ten für das Abo sind abhän­gig vom jewei­li­gen Modell und des­sen Aus­stat­tung. Sie lie­gen bei­spiels­wei­se für den Por­sche 911 zwi­schen 2.800 und 3.500 Euro.

Por­sche Con­sul­ting unter­stützt den Stutt­gar­ter Sport­wa­gen­her­stel­ler bei der Ent­wick­lung inno­va­ti­ver Geschäfts­mo­del­le. Chris­toph Köh­ler: „Wir beglei­ten Por­sche beim Auto-Abo auf dem gesam­ten Wert­schöp­fungs­weg.“ Erfolg­reich sei man dabei, weil Por­sche Con­sul­ting in der Lage ist, neue Ideen direkt am Markt zu tes­ten. „Durch unse­ren Ser­vice-Deve­lo­p­ment-Ansatz kön­nen wir Inno­va­tio­nen inner­halb weni­ger Wochen am Markt mit ech­ten Kun­den vali­die­ren, ohne einen direk­ten Bezug zu einer Marke her­zu­stel­len“, erläu­tert Köh­ler. Zudem lie­fert Por­sche Con­sul­ting auf­grund sei­ner Exper­ti­se in der Auto­welt Ana­ly­sen und Opti­mie­run­gen, erstellt betriebs­wirt­schaft­li­che Kal­ku­la­tio­nen und unter­stützt beim Auf­bau agi­ler Produktorganisationen.

Der Pre­mi­um-Anbie­ter Por­sche hat sein Abo-Modell in der Zwi­schen­zeit wei­ter­ent­wi­ckelt. Ent­stan­den ist eine zwei­te Geschäfts­mo­dell-Säule: Por­sche Drive Flex. Das beson­ders Attrak­ti­ve ist die freie Modell­wahl wäh­rend der Abo-Lauf­zeit: heute 911, mor­gen Cayenne, über­mor­gen Tay­can. Chris­toph Köh­ler: „Egal ob der Weg ins Büro, Fahr­spaß am Wochen­en­de, ein Fami­li­en­aus­flug oder ein Road­trip mit Freun­den – der Kunde hat ein Höchst­maß an Fle­xi­bi­li­tät, kann inner­halb der viel­sei­ti­gen Flot­te schnell und unkom­pli­ziert sein Fahr­zeug wech­seln.“ Monat­li­cher Fix­preis: 2.899 Euro. Die Min­dest­lauf­zeit bei Por­sche Drive Flex beträgt drei Mona­te, die Kün­di­gungs­frist einen Monat.

Porsche Financial Services

Die Verantwortung für alle Porsche Mobilitätsservices ist bei Porsche Financial Services gebündelt. Die 100-prozentige Tochtergesellschaft des Stuttgarter Sportwagenherstellers baut die flexiblen Mobilitätsmodelle stetig aus. Der einfache und flexible Zugang zu den Fahrzeugen ohne langfristige Laufzeiten steht dabei im Fokus. Das Angebot umfasst zudem maßgeschneiderte Leasing- und Finanzierungsangebote für Porsche Fahrzeuge und die exklusiven Volkswagen-Marken Bentley, Lamborghini und Bugatti sowie Händlerfinanzierungen, Versicherungen und Kreditkarten. Das Unternehmen ist mit mehr als 600 Mitarbeitenden international tätig und betreut weltweit mehr als 320.000 Leasing- und Finanzierungsverträge (Stand: 2022).
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