Schneller Wechsel
im Auto-Abo
Die Autoindustrie erfindet sich neu. Muss sie auch. Und das nicht nur beim Antrieb. Kunden wünschen Unabhängigkeit, mehr Flexibilität und weniger Kapitalbindung. Die Anbieter reagieren.
12/2022
Menschen wollen mobil sein. Die Erfindung des Dampfschiffes vor 300 Jahren war ein Meilenstein. Es folgten im Jahr 1825 die erste Eisenbahn, dann das Flugzeug und das Auto. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten viele Leute den Wunsch, einen eigenen Personenwagen zu besitzen. Das Auto vor der Haustür wurde schnell zum Statussymbol. Durch gesellschaftliche Themen wie Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie die Entwicklung zur sogenannten Sharing Economy – dem befristeten Ausleihen oder gemeinsamen Nutzen zum Beispiel von Fahrzeugen – ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Menschen schnell gewachsen, die veränderte Ansprüche an die Automobilität stellen. Die Nachfrage verändert die Angebote. Eines der neuen Produkte: das Auto-Abo.
Abonnement-Verträge für den Bezug von Zeitschriften, für TV- und Musik-Streamingdienste sind Klassiker. Aber funktioniert das auch bei Autos? Die ersten Anbieter von Fahrzeugen zu Flatrate-Tarifen rollten 2017 auf den Markt. Anfänglich waren es vor allem unabhängige Start-ups. Dann folgten Volvo, Jaguar Land Rover und eine Handvoll weiterer Hersteller. In der Regel übernehmen in den Hauptquartieren der Hersteller die hauseigenen Financial-Services-Organisationen die operative Verantwortung. Sie sind sozusagen die Autobanken, die sich traditionell um Finanzierungen und Leasing von Fahrzeugen kümmern.
Auch die klassischen Autovermieter wie Europcar, Hertz und Sixt sind auf den Zug aufgesprungen. Der hat Fahrt aufgenommen. Im Abo angeboten werden Kleinwagen wie Opel Corsa, Mittel- und Oberklasse-Limousinen wie der Volkswagen Passat oder der Audi A4. Aber auch Sportwagen wie der Porsche 911. Die Nachfrage nach Abonnements für Autos steigt rasant. Im Jahr 2021 lag die Zahl der abgeschlossenen Verträge in Deutschland nach Einschätzung von Porsche Consulting bereits bei über 50.000. Das Prinzip: Kunden zahlen einen pauschalen monatlichen Beitrag für die Nutzung des Fahrzeugs während der Vertragslaufzeit. Alle Kosten sind in der Monatsrate inbegriffen: Wartung, Verschleiß, Hauptuntersuchung, Versicherung, Kraftfahrzeugsteuern. Der Abonnent als Kunde muss lediglich den Kraftstoff zahlen – oder beim E-Auto den Strom –, die Autowäsche und das Nachfüllen von Betriebsmitteln.
Was unterscheidet das Auto-Abo vom Auto-Leasing? Zunächst die Vertragslaufzeit. Sie ist kürzer. Während man sich beim Leasing für mindestens zwölf Monate verpflichten muss, locken einige Auto-Abo-Anbieter Kunden mit einer nur einmonatigen Laufzeit. Auch sechs- oder neunmonatige Vertragszeiten sind möglich. Die Kosten pro Monat fürs Fahrzeug liegen je nach Marke und Modell zwischen wenigen hundert Euro und über 3.000 Euro. Bei der überwiegenden Mehrzahl der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge ist die Ausstattung bereits konfiguriert. Änderungen sind meist nicht mehr möglich. Die Vertragsbedingungen und Details wie Anmeldegebühr, Mindestalter (je nach Anbieter zwischen 18 und 25 Jahren), Anzahl der im Vertrag eingetragenen weiteren Fahrberechtigten, Lieferfrist oder Kilometerpauschale ähneln denen für Langzeitmietwagen. Fährt ein Abonnent oder eine Abonnentin mehr Kilometer als vereinbart, so müssen diese in der Regel am Ende auch extra bezahlt werden. Wie beim Leasing entsteht für Nutzende kein Eigentumsrecht am Fahrzeug.
Wie aber profitieren die Unternehmen von dem neuen Geschäftsmodell? Der Mehrzahl der Abo-Anbieter geht es auf diesem neuen Markt eher um mittel- und langfristige Ziele. Viele Anbieter investieren derzeit in diese neuen Geschäftsmodelle, um herauszufinden, wie hoch das Potenzial ist. Eine Studie des Marktforschungsinstituts Puls aus dem Jahr 2020 zeigt, dass das größte Interesse in der Altersgruppe der 30- bis 50-jährigen Frauen und Männer besteht, in der fast 40 Prozent der Befragten Auto-Abo-Angebote „sehr interessant“ finden. Auch als Testmarkt für Produkte der Elektromobilität eignet sich das Auto-Abo, weil so mancher Interessierte über diesen Weg ausprobiert, ob ein E-Fahrzeug im Alltag für ihn sinnvoll ist. Volumenhersteller, die jährlich Millionen Fahrzeuge produzieren, nutzen das Auto-Abo zudem, um dem einen oder anderen Modell aus der Modellpalette etwas zusätzlichen „Schub“ zu geben. Auch Leasing- und Carsharing-Rückläufer lassen sich über Abonnements ein weiteres Mal vermarkten.
Bereits 2020 startete Porsche Financial Services (PFS) das erste Auto-Abo-Modell für die Dachmarke Porsche. Neben der Ansprache weiterer Zielgruppen stand für PFS auch der Aufbau eines nachhaltigen und wirtschaftlichen Geschäftsmodells als weitere Stütze für das Kerngeschäft im Fokus. Mit Porsche Drive Abo sollen Porsche-Kunden und Kunden in spe die Möglichkeit haben, „flexibel auf sich ändernde Lebenssituationen zu reagieren und dabei den Fahrspaß mit einem Porsche zu genießen“, sagt Christoph Köhler, Senior Consultant im Bereich Mobility Services bei der Managementberatung Porsche Consulting. Mit seinen Kollegen hat er die Autofinanzexperten in der Tochtergesellschaft PFS des Sportwagenherstellers beim Abo unterstützt.
Träume erfüllen auf Zeit
Dr. Marc Rieß ist Geschäftsführer und Chief Operating Officer der Porsche Financial Services GmbH – einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft des Sportwagenherstellers Dr. Ing. h. c. F. Porsche AG. Im Gespräch mit dem Porsche Consulting Magazin beschreibt Rieß, was das Besondere bei Porsche Drive Abo ist.
Porsche setzt auf eine Mindestlaufzeit von sechs Monaten, die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Die Kosten für das Abo sind abhängig vom jeweiligen Modell und dessen Ausstattung. Sie liegen beispielsweise für den Porsche 911 zwischen 2.800 und 3.500 Euro.
Porsche Consulting unterstützt den Stuttgarter Sportwagenhersteller bei der Entwicklung innovativer Geschäftsmodelle. Christoph Köhler: „Wir begleiten Porsche beim Auto-Abo auf dem gesamten Wertschöpfungsweg.“ Erfolgreich sei man dabei, weil Porsche Consulting in der Lage ist, neue Ideen direkt am Markt zu testen. „Durch unseren Service-Development-Ansatz können wir Innovationen innerhalb weniger Wochen am Markt mit echten Kunden validieren, ohne einen direkten Bezug zu einer Marke herzustellen“, erläutert Köhler. Zudem liefert Porsche Consulting aufgrund seiner Expertise in der Autowelt Analysen und Optimierungen, erstellt betriebswirtschaftliche Kalkulationen und unterstützt beim Aufbau agiler Produktorganisationen.
Der Premium-Anbieter Porsche hat sein Abo-Modell in der Zwischenzeit weiterentwickelt. Entstanden ist eine zweite Geschäftsmodell-Säule: Porsche Drive Flex. Das besonders Attraktive ist die freie Modellwahl während der Abo-Laufzeit: heute 911, morgen Cayenne, übermorgen Taycan. Christoph Köhler: „Egal ob der Weg ins Büro, Fahrspaß am Wochenende, ein Familienausflug oder ein Roadtrip mit Freunden – der Kunde hat ein Höchstmaß an Flexibilität, kann innerhalb der vielseitigen Flotte schnell und unkompliziert sein Fahrzeug wechseln.“ Monatlicher Fixpreis: 2.899 Euro. Die Mindestlaufzeit bei Porsche Drive Flex beträgt drei Monate, die Kündigungsfrist einen Monat.