Life Sciences

Die Medizintechnik-Fabrik der Zukunft

Mit einer hochmodernen Fabrik setzt Siemens Healthineers neue Maßstäbe in der Medizintechnik. Und ein „digitaler Zwilling“ sorgt mit einer sehr hohen Transparenz für größte Effizienz.

09/2024

Horst Schmidt, Leiter des Geschäftsbereichs Power & Vacuum bei Siemens Healthineers, vor dem Reinraum. Mit der neuen Fabrik will er neue Maßstäbe setzen.Porsche Consulting/Jörg Eberl

Jeder von uns könn­te in diese Situa­ti­on kom­men: Die Medi­zi­ni­sche Not­auf­nah­me eines Groß­stadt-Kran­ken­hau­ses. Ein Ret­tungs­wa­gen trifft ein. Auf einer gel­ben Fahr­tra­ge schie­ben Sani­tä­ter eine Pati­en­tin ins Gebäu­de. Die Mitt­vier­zi­ge­rin konn­te plötz­lich ihren rech­ten Arm und ihr rech­tes Bein nicht mehr füh­len. In der hell erleuch­te­ten Ambu­lanz ist eine Ärz­tin schnell zur Stel­le, befragt die Pati­en­tin. Ihre erste Dia­gno­se: „Min­der­durch­blu­tung im Gehirn“. Die The­ra­pie muss sofort beginnen.

Ein Anäs­the­sist ver­setzt die Erkrank­te in Nar­ko­se. Die Betäu­bung setzt ein. Über die Leis­te schiebt die Ärz­tin einen Kathe­ter – eine Art Draht – bis in die Hirn­ge­fä­ße vor. An einem gro­ßen Bild­schirm sieht sie, wo ihr Instru­ment gera­de ist und wie die Gefä­ße ver­lau­fen. Sie ent­deckt, dass eine Arte­rie im Gehirn durch einen Throm­bus, ein Blut­ge­rinn­sel, blo­ckiert ist. Es gelingt der Medi­zi­ne­rin, den Throm­bus mit­hil­fe des Kathe­ters abzu­sau­gen. Das Gefäß ist wie­der frei. Eine Stun­de spä­ter kann die Pati­en­tin ihre rech­te Seite wie­der füh­len. Gro­ßes Glück. Denn wenig spä­ter hätte ein fol­gen­schwe­rer Schlag­an­fall ein­tre­ten kön­nen. Dank der prä­zi­sen Dia­gno­se und pas­sen­den raschen Behand­lung ver­lässt die Pati­en­tin nach weni­gen Tagen gesund die Klinik.

Navigationssystem für Ärzte

Sze­nen wie diese spie­len sich in Deutsch­land mitt­ler­wei­le viele Tau­send Mal jähr­lich an den ent­spre­chend aus­ge­stat­te­ten Kli­ni­ken ab. Und nicht nur dort. „Diese Ein­grif­fe gibt es auch in Japan oder Nepal, in Süd­afri­ka oder den USA. Dank neuer, bild­ge­stütz­ter Ver­fah­ren hat sich die Pro­gno­se von Schlag­an­fall­pa­ti­en­ten enorm ver­bes­sert“, sagt Horst Schmidt, Lei­ter des Geschäfts­be­reichs Power & Vacu­um bei Sie­mens Healt­hi­neers, einem füh­ren­den Unter­neh­men für Medizintechnik.

Zur Top-Arbeitsatmosphäre gehört auch ein Top-Arbeitsplatz. Wie Horst Schmidt nutzen auch die Mitarbeitenden in Forchheim den Außenbereich mit Sitzbänken inmitten von Gräsern und Stauden für Pausen. Porsche Consulting/Jörg Eberl

Man sagt in der Neu­ro­lo­gie bei der Behand­lung auch: Time is Brain. Vor­aus­set­zung für eine soge­nann­te endo­vas­ku­lä­re Schlag­an­fall­the­ra­pie ist neben dem Kön­nen des Behand­lers, dass er am Bild­schirm über­haupt sieht, wo genau er sich im Kör­per befin­det. Ermög­licht wird das durch meh­re­re Auf­nah­men in kur­zer Folge. Und die wer­den zu einer Art Video­film zusam­men­ge­setzt. Diese Bild­ge­bung lie­fert Sie­mens Healt­hi­neers. „Unse­re Gerä­te sind im Grun­de das Navi­ga­ti­ons­sys­tem des Arz­tes“, sagt Schmidt. Und für die Her­stel­lung des Herz­stücks genau die­ser Navi­ga­ti­ons­sys­te­me ist er zusam­men mit sei­nem Team verantwortlich.

Kaffee verbindet

Schmidts Arbeits­platz ist das neu errich­te­te HEP-Cen­ter („High-Ener­gy Pho­to­nics Cen­ter“) von Sie­mens Healt­hi­neers im süd­deut­schen Forch­heim, einer klei­nen Stadt (34.000 Ein­woh­ner), nahe Nürn­berg. Der neue Pro­duk­ti­ons­stand­ort, direkt am Main-Donau-Kanal, löst auch zwei älte­re Fabri­ken ab, die an ihrer Kapa­zi­täts­gren­ze ange­langt waren. Hier im HEP wer­den jetzt die Herz­stü­cke für viele der bild­ge­ben­den Gerä­te von Sie­mens Healt­hi­neers pro­du­ziert: Die Rönt­gen­röh­ren mit den Hoch­span­nungs­ge­ne­ra­to­ren. Wer Höchst­leis­tun­gen erwar­tet, braucht eine gute Atmo­sphä­re. Arbeit­ge­ber­at­trak­ti­vi­tät, gutes Zusam­men­spiel, hohe Moti­va­ti­on. Das neue Gebäu­de ver­bin­det Pro­duk­ti­on und Ver­wal­tung, haut­nah. In allen Eta­gen des Neu­baus gibt es läs­si­ge Kaf­fee­bars. Hier tref­fen sich Men­schen aus Fabrik und Büros. Der täg­li­che Kon­takt sorgt auch für kurze Wege und schnel­le Lösun­gen bei der inter­dis­zi­pli­nä­ren Zusam­men­ar­beit. Aber das ist nur ein klei­ner – wenn­gleich wich­ti­ger – Teil warum das HEP ein Leucht­turm­pro­jekt ist, nicht nur für die Medi­zin­tech­nik­in­dus­trie, son­dern für die Pro­duk­ti­ons­um­ge­bun­gen der Zukunft insgesamt.

Das neue High Energy Photonics Center, kurz HEP, ist die innovative Fabrik von Siemens Healthineers für Hochleistungs-Röntgenröhren und Generatoren für bildgebende Verfahren. Das HEP Center zeichnet sich durch einen vollständigen End-to-End-Digitalisierungs- und -Automatisierungsansatz aus. Produktion, Entwicklung und Bürobereiche sind vereint. Mit der Integration fortschrittlicher Technologien wie Künstliche Intelligenz, Robotik und Sensoren geht das Zentrum von der traditionellen Fertigung zur Automatisierung und Digitalisierung über.
In der transparenten Fabrik ist alles digital miteinander verbunden – von den Produktionsanlagen über die Ausrüstung bis hin zu logistischen Prozessen, einschließlich des digitalen Zwillings des Gebäudes. Die digitale Transformation im HEP Center zielt darauf ab, die Arbeitsleistung zu steigern, Risiken zu minimieren und Wissenstransparenz zu gewährleisten. Beispiele dafür sind:
  • Digitaler Shopfloor und Visualisierung: Digitale Tools wie Digital Shopfloor Applications (DSA) und Manufacturing Execution Systems (MES) werden genutzt, um Key Performance Indicators (KPIs) zu visualisieren und Entscheidungsprozesse zu verbessern. 
  • Digitalisierung von Daten: Das HEP Center konzentriert sich auf die Transformation, Generierung, Verarbeitung und Vernetzung digitaler Daten, um die Wertschöpfung von Produktions- und Geschäftsprozessen zu steigern.
  • Automatisierung: Durch den Einsatz neuer Hardware wird mindestens ein manueller Schritt in jedem Prozess automatisiert.
Porsche Consulting, Clara Nabi/Siemens Healthineers

Natür­lich geht es bei einer neuen Pro­duk­ti­ons­an­la­ge heute um Effi­zi­enz, Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung. Das gesam­te Gebäu­de ist digi­ta­li­siert und ver­netzt, jedes Bau­teil lässt sich digi­tal ver­fol­gen. Trotz­dem fal­len keine Arbeits­plät­ze weg. „Das HEP wurde errich­tet, um durch einen erhöh­ten Out­put mehr Wachs­tum zu schaf­fen“, sagt Schmidt. Und dann nennt er noch zwei ande­re wesent­li­che Dinge, die das HEP ermög­li­chen soll: Qua­li­tät und Prä­zi­si­on. Die Rönt­gen­strah­ler, die im HEP ent­ste­hen, wer­den in die Rönt­gen­ge­rä­te, in die Mam­mo­gra­phie­ge­rä­te für die Brust­krebs­vor­sor­ge, in die Com­pu­ter­to­mo­gra­phen, und in die Gerä­te der inter­ven­tio­nel­len Radio­gra­phie von Sie­mens Healt­hi­neers ein­ge­baut, die etwa das Arbei­ten mit Kathe­tern im Gehirn oder in den Herz­kranz­ge­fä­ßen ermög­li­chen. „Das ist ein High-End-Bereich“, so Schmidt. „Unse­re Kun­den sind Medi­zi­ner auf der gan­zen Welt, die ihre Pati­en­tin­nen und Pati­en­ten best­mög­lich ver­sor­gen wol­len, zuneh­mend auch mit mobi­len Gerä­ten. Sie stre­ben stän­dig nach einer noch bes­se­ren Qua­li­tät, einer noch höhe­ren Auf­lö­sung, um noch frü­her und prä­zi­ser Dia­gno­sen stel­len und Ein­grif­fe vor­neh­men zu können.“

Roboter übernehmen die Nachtschicht

Ein wesent­li­cher Schlüs­sel dafür sind Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung der Pro­duk­ti­on. 2019 ent­wi­ckel­te Sie­mens Healt­hi­neers gemein­sam mit einem Team der Manage­ment­be­ra­tung Por­sche Con­sul­ting das Ziel­bild einer Smart Fac­to­ry. „Damals, am Anfang, hat­ten wir einen recht wei­ten Weg vor uns. Aber wir haben ihn erstaun­lich schnell beschrit­ten“, sagt Dr. Jens Fürst, Prin­ci­pal Key Expert Digi­ta­liza­ti­on & Auto­ma­ti­on. Nicht ein­mal fünf Jahre hat die Errich­tung des rund 350 Mil­lio­nen Euro teu­ren Gebäu­des gedau­ert. Eine sehr gute Zeit für ein der­art kom­ple­xes Pro­jekt, das auf drei über­ein­an­der lie­gen­den, brei­ten Pro­duk­ti­ons­ebe­nen und dane­ben sechs schma­le­ren Büro­ebe­nen eine Flä­che von acht Fuß­ball­fel­dern umfasst.

Dr. Jens Fürst und Dr. Markus Kaupper verantworten im High-Energy-Photonics Center die strategischen Schwerpunktthemen Digitalisierung und Automatisierung. Porsche Consulting/Jörg Eberl

Gäste führt Jens Fürst gern auf den innen­lie­gen­den „Bal­kon“. Das ist eine schma­le Gale­rie im drit­ten Stock der Pro­duk­ti­ons­hal­le, mit impo­san­tem Pan­ora­ma­blick auf die Mon­ta­ge­li­ni­en. Aus der Vogel­per­spek­ti­ve las­sen sich die ver­schie­de­nen Schrit­te der Pro­duk­ti­on der Rönt­gen­röh­ren ein­schließ­lich der Gene­ra­to­ren gut über­bli­cken. Grob zusam­men­ge­fasst geht das so: Zuerst die Fer­tig­stel­lung der Rönt­gen­röh­ren im kli­nisch sau­be­ren Rein­raum. Dann wer­den die Röh­ren nachts von Robo­tern auto­ma­tisch „kon­di­tio­niert“. Das heißt: Unter Hoch­span­nung errei­chen sie einen noch höhe­ren Rein­heits­grad. Am nächs­ten Tag, wenn die Mit­ar­bei­ten­den die Früh­schicht begin­nen, wer­den die Rönt­gen­röh­ren in abge­schirm­ten Kabi­nen noch ein­mal von Men­schen­hand auf ihre Funk­tio­na­li­tät und Prä­zi­si­on getes­tet, bevor sie dann in einem ande­ren Werk in die End­ge­rä­te ein­ge­baut werden.

Gemeinsam zur Digitalisierungsstrategie

Jens Fürst arbei­tet eng mit Dr. Mar­kus Kaup­per zusam­men. Der blickt zurück auf den Anfang der neuen Fabrik: „Ich war vor fünf Jah­ren tech­nik- und digi­ta­li­sie­rungs­be­geis­tert, konn­te aber aus heu­ti­ger Per­spek­ti­ve betrach­tet nicht wirk­lich ein­schät­zen, was mög­lich war.“ Heute ist Kaup­per Head of Digi­ta­liza­ti­on des HEP.

Der Physiker Dr. Peter Schardt, seit drei Jahrzehnten im Unternehmen, ist Chief Technology Officer bei Siemens Healthineers. Er sagt: „Unsere erste vollständig digitalisierte Fabrik ist zentrales Element unseres Smart-Factory-Netzwerkes.“Siemens Healthineers

Fast jeder Teil der Fabrik, jeder Pro­zess, jedes Bau­teil, was durch­ge­schleust und ver­ar­bei­tet wird – alles ist digi­tal erfasst: seine Maße, sein phy­si­ka­li­sches Ver­hal­ten, seine Per­for­mance-Daten. Ein digi­ta­ler Zwil­ling der Fabrik. „Das HEP reprä­sen­tiert unse­re erste voll­stän­dig digi­ta­li­sier­te Fabrik und ist ein zen­tra­les Ele­ment unse­res Smart-Fac­to­ry-Netz­werks“, erklärt Dr. Peter Schardt, Chief Tech­no­lo­gy Offi­cer von Sie­mens Healt­hi­neers. Und er fügt hinzu: „Ein zuver­läs­si­ges und ver­netz­tes Fer­ti­gungs­um­feld ist im medi­zi­ni­schen Sek­tor von grund­le­gen­der Bedeutung“.

Der Service „ahnt“ den Einsatz

Wenn etwa ein Pro­dukt am Ende der Pro­duk­ti­on die Qua­li­täts­kon­trol­le nicht opti­mal besteht, suchen die Fach­leu­te zunächst im digi­ta­len Zwil­ling nach Feh­ler­quel­len. Sie fin­den bei­spiels­wei­se her­aus, dass an einer Stel­le die soge­nann­ten Grei­fer­flä­chen nicht opti­mal zum Pro­dukt pas­sen. Das kann für Unge­nau­ig­keit sor­gen. Und bevor eine neue Pro­duk­ti­ons­li­nie in Betrieb genom­men wird, geschieht dies zunächst so lange vir­tu­ell, bis alle Pro­ble­me beho­ben sind. „Wenn wir es dann in der Rea­li­tät umset­zen, läuft es meist direkt ziem­lich glatt“, sagt Kaup­per. Gera­de für klei­ne Pro­duk­ti­ons­li­ni­en, wie es sie hier meist gibt, ist das ein enor­mer Effizienzvorteil.

Von der Galerie aus schauen Dr. Jens Fürst und Dr. Markus Kaupper auf ihre neue Smart Factory. Während der Nachtschicht arbeiten hier ausschließlich Roboter, die alle Vorbereitungen für die Teams der Frühschicht treffen.Porsche Consulting/Jörg Eberl
Wo es erforderlich ist, setzt Siemens Healthineers weiterhin auf Handarbeit in der Produktion. Durch den Einsatz von Hardware werden manuelle Prozesse automatisiert.Porsche Consulting/Jörg Eberl
Der Computer spielt in der Zusammenarbeit von Mensch und Maschine eine wichtige Rolle. Jeder trägt seine Stärken bei, um damit Produktivität und Innovation zu steigern.Porsche Consulting/Jörg Eberl
Beim Schweißen von Metall-Glas-Röntgenröhren kommt es auf höchste Präzision an. Gearbeitet wird unter Reinraumbedingungen. Für die Herstellung der Glaskolben beschäftigt Siemens Healthineers traditionell eigene Glasbläser.Siemens Healthineers
Blick fürs Detail: Die optimalen Bedingungen in der neuen Fabrik fördern Innovationen und damit den medizinischen Fortschritt. Zugleich erhalten Ärzte und Krankenhäuser individuellen Service auch beim Betrieb von Röntgengeräten und deren Wartung.Siemens Healthineers
Fast fertig: Ein Mitarbeiter bei der Montage eines Computertomographen. Die Röntgenröhren sind das Herzstück dieser Geräte.Porsche Consulting/Jörg Eberl
Trotz Automation überlässt Siemens Healthineers ausgewählte Arbeitsschritte nicht allein der Maschine – wie hier bei den Anschlüssen an einem Computertomographen.Porsche Consulting/Jörg Eberl

Weil der digi­ta­le Zwil­ling stän­dig mit rea­len Daten gefüt­tert wird und diese mit künst­li­cher Intel­li­genz ver­ar­bei­tet wer­den, kann Sie­mens Healt­hi­neers auch zuneh­mend prä­zi­se Pro­gno­sen stel­len. Zum Bei­spiel in Bezug auf den Ver­schleiß von Bau­tei­len. So gewäh­ren man­che Ärzte als Kun­den im Rah­men des Pro­gramms „Tube­Guard“ Sie­mens Healt­hi­neers Zugriff auf die Sen­so­ren der Gerä­te in Betrieb. Anhand der Daten lässt sich mitt­ler­wei­le sehr genau vor­her­sa­gen, wann der Rönt­gen­strah­ler aus­fällt. „Ein Ser­vice­mit­ar­bei­ter steht dann schon mit dem Ersatz bereit, bevor der Kunde sich mel­det“, sagt Horst Schmidt. Noch ein Effi­zi­enz­ge­winn – für Sie­mens Healt­hi­neers eben­so wie für die Kli­ni­ken und Medi­zi­ner, die damit die ver­gleichs­wei­se kurze Aus­fall­zeit für einen nöti­gen Aus­tausch so punkt­ge­nau pla­nen können.

Lust auf eigene Programme

Das Arbei­ten im HEP ist auch für die Mit­ar­bei­ten­den eine grund­le­gen­de Umstel­lung. „Die­sen Grad an Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung kann man den Men­schen nicht mal so eben über­stül­pen“, sagt Vere­na Gol­lisch, Trans­for­ma­ti­on Mana­ge­rin beim HEP. „Viele eins­ti­ge Tätig­kei­ten fal­len weg, viele Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter muss­ten sich neu ori­en­tie­ren. Das kann die oder der Ein­zel­ne als Chan­ce sehen, oder als Bedro­hung. Es war und ist uns wich­tig, unse­re Mit­ar­bei­ten­den früh­zei­tig ein­zu­bin­den und Raum für Mit­ge­stal­tung zu schaf­fen, um direk­tes Feed­back zu erhal­ten und die Chan­cen des HEP für alle anfass­bar zu machen.”

Verena Gollisch, Transformation Managerin, im Treppenhaus der neuen Fabrik. Auf dem Weg zu den gemeinsamen Etagen-Kaffeebars begegnen sich hier täglich Leute aus Produktion und Verwaltung. Die Nähe fördert den Austausch zwischen den beiden Bereichen.Porsche Consulting/Jörg Eberl

In zahl­lo­sen Ver­an­stal­tun­gen wur­den die Mit­ar­bei­ter beim Auf­bau des HEP ein­ge­bun­den; in „Hacka­thons“ konn­ten sie Soft­ware-Pro­gram­me schrei­ben, um die Abläu­fe zu ver­bes­sern, in geschütz­ten Räu­men lie­ßen sich neue Ein­satz­ge­bie­te aus­pro­bie­ren. Heute, das Werk ist fast voll­stän­dig hoch­ge­fah­ren, betont Kaup­per, dass die Umstel­lung auch auf Sei­ten der Mit­ar­bei­ter geglückt ist. „Wir haben viele Talen­te in unse­rem Team ent­deckt. Da ist zum Bei­spiel die Logis­tik­fach­kraft, die in ihrer Frei­zeit gerne pro­gram­miert und eine App ent­wi­ckelt hat, um das Smart­phone als Scan­ner zu benut­zen“, sagt Kaupper.

Hier bleiben Menschen unersetzlich

Viele Arbeits­plät­ze haben jetzt einen gro­ßen Bild­schirm, auf dem der Com­pu­ter dem Per­so­nal anhand von Bil­dern zeigt, was sie mit wel­chem Werk­zeug als nächs­ten Arbeits­schritt umset­zen sol­len. Man kann das als Bevor­mun­dung sehen – oder als Hil­fe­stel­lung, als unmit­tel­ba­re Qua­li­täts­kon­trol­le, die der Com­pu­ter den Men­schen abnimmt. „Zum Glück herrscht inzwi­schen in den Köp­fen der Mit­ar­bei­ten­den die Vor­stel­lung vor: Die Com­pu­ter neh­men den Men­schen die Arbeit nicht weg, sie neh­men ihnen Arbeit ab“, sagt Gol­lisch. Und so ist es ja auch bei den aller­meis­ten Arbeits­plät­zen: Der Mensch wird durch Maschi­nen und Pro­gram­me ergänzt, indem jeder seine Stär­ken ein­bringt. Aber der Mensch bleibt der Chef. Und in man­chen Berei­chen ist er ohne­hin nicht zu erset­zen. Für die Her­stel­lung der Rönt­gen­röh­ren etwa beschäf­tigt Sie­mens Healt­hi­neers Glas­blä­ser, ein klas­si­scher Hand­werks­be­ruf, der unent­behr­lich ist für die High-End-Pro­duk­te, die hier im HEP her­ge­stellt werden.

Viel­leicht ist das auch etwas, was man sich von die­sem Leucht­turm­pro­jekt abgu­cken kann: Setze auf Auto­ma­ti­sie­rung und Digi­ta­li­sie­rung und zähle dabei zugleich auf deine Mit­ar­bei­ter: Erst wenn das alles inein­an­der­greift, han­delt es sich wirk­lich um eine Fabrik der Zukunft.

Kommentar

Vom Ziel zur Zukunft

Von Marc Ziegler, Senior Partner, Porsche Consulting
Marc Ziegler, Senior Partner, Porsche Consulting.Porsche Consulting
Das Zielbild für eine Smart Factory hat Siemens Healthineers im Jahr 2019 gemeinsam mit Porsche Consulting entwickelt. Als Managementberater wollten wir einen Digitalisierungs- und Automatisierungsrahmen schaffen. Einen, der sich an optimierten Sollprozessen orientiert und diese Prozesse miteinander vernetzt. Dabei konnte das Team von Porsche Consulting eine Menge praktische Kompetenz im Bereich Smart Factory mitbringen. Unsere Erfahrungen stammen aus der Automobilindustrie, aber auch aus vielen anderen Branchen. Die Aufgabe bei Siemens Healthineers brachte uns einen besonders spannenden Reiz: Siemens Healthineers begeisterte uns sofort mit einem sogenannten Greenfield Plant Projekt: freie Flächen und eine komplett neue Fabrik, ohne jegliche Altlasten. Kurz gesagt: Top-Bedingungen für Innovationen. Und für Consultants. Denn wir mussten, wie anderswo so oft, in Forchheim keine bestehenden Prozesse im Rahmen der Möglichkeiten anpassen. Statt an einigen Stellen Kompromisse zu finden, konnten wir von Grund auf neue, optimierte Verfahrensweisen entwerfen. In optimaler Partnerschaft waren die Menschen bei Siemens Healthineers stets offen und bereit, Vorschläge und Use Cases konsequent umzusetzen. So gelang uns gemeinsam eine ebenso visionäre wie praxisorientierte Projektarbeit. Auf das Erreichte sind alle zu Recht stolz. Jetzt, da aus dem Zielbild von 2019 täglich gelebte Realität mit spürbaren Verbesserungen und einem klaren Blick Richtung Zukunft geworden ist. Kontakt: marc.ziegler@porsche-consulting.com
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